Das Projekt „Urbane Waldgärten: Mehrjährig, mehrschichtig, multifunktional“ ist ein gemeinsames Vorhaben der Universität Potsdam mit dem Bezirksverband Berlin-Süden der Kleingärtner e.V., dem Freilandlabor Britz e.V. und dem Umwelt- und Gartenamt der Stadt Kassel. Das Projekt wird seit April 2021 für eine Laufzeit von 6 Jahren im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gefördert.
In Berlin und Kassel entstehen insgesamt drei Waldgärten im städtischen Raum, in denen modellhaft eine naturnahe und langfristige Form des Urban Gardenings erprobt werden soll. Mit dem neuartigen Konzept des Waldgartens können auf städtischen Grünflächen sowohl soziale Funktionen wie gemeinschaftliches Miteinander beim ökologischen Gärtnern und Umweltbildung erfüllt werden, als auch ökologische Funktionen wie ein Beitrag zum Bodenschutz, zur Klimaanpassung sowie zur Förderung der biologischen Vielfalt.
Die Waldgärten entstehen unter frühzeitiger Einbeziehung interessierter Menschen, wobei die gemeinschaftliche Entwicklung von Betriebsstrukturen die Grundlage für selbstorganisierte urbane Waldgärten sind.
Die Eigenverantwortung der mitwirkenden Bürger*innen wird als Zukunftskapital gesehen. Akzeptanzbildende Maßnahmen, Öffentlichkeitsarbeit und Prozessbegleitung durch das Projekt werden gezielt zur Unterstützung einer langfristigen Gemeinschaftsbildung und einer festen Integration der Projekte in das jeweilige Stadtumfeld eingesetzt. Im Rahmen des wissenschaftlichen Monitorings der ökologischen, klimatischen und sozialen Effekte sollen die Menschen vor Ort auch anhand von Citizen Science-Formaten einbezogen werden. Aus den Erfahrungen soll eine Wissensplattform für weitere Standorte bundesweit weiterentwickelt werden.
Waldgärten orientieren sich in ihrem Aufbau an natürlichen Wäldern.
Was ist ein Waldgarten?
Aber was ist überhaupt ein Waldgarten?
Ein Waldgarten besteht aus vorwiegend essbaren Pflanzen, die sich in mehreren Vegetationsschichten teilweise überlappen. Diese Schichten bestehen aus Obst- und Nussbäumen, Beerensträuchern sowie Gemüse und Kräutern, die langfristig miteinander angebaut und geerntet werden können. So entwickelt sich ein dauerhafter waldartiger Vegetationsbestand, in dem nach ökologischen Prinzipien gegärtnert wird. Neben Aufbau und Erhalt der Bodenfruchtbarkeit stellt der Waldgarten auch ein klimaangepasstes Anbausystem dar und ist durch die hohe Vielfalt an Arten widerstandsfähig gegenüber Klimaextremen sowie einem einseitigen Schädlingsbefall.
Durch den Anbau vieler verschiedener essbaren Pflanzen im Waldgarten kann außerdem erfahrbar gemacht werden, welche Vielfalt an nutzbaren Pflanzen hier in unseren Breiten gedeihen und als Lebensmittel genutzt werden können. Manch einer wird erstaunt sein, wie reichlich man einen Tisch mit Produkten aus dem Waldgarten decken kann.
Warum Waldgärten in der Stadt?
Um die Städte für alle Menschen dauerhaft lebenswert zu machen, müssen wir sie sozial und ökologisch nachhaltig gestalten. Immer mehr Menschen entdecken das Gärtnern für sich und sind auf der Suche nach Flächen, um auch in der Stadt Obst und Gemüse für die eigene Ernährung anbauen zu können. Gleichzeitig gibt es den Wunsch, neue soziale Netzwerke zu schaffen und auch Kindern aus der Stadt den Zugang zu Naturerfahrungen zu ermöglichen. Hinzu kommen die Herausforderungen des Klimawandels, die sich z.B. durch Dürre- und Hitzeperioden, aber auch durch Starkregenereignisse bemerkbar machen. Das Verbundvorhaben „Urbane Waldgärten – Mehrschichtig, mehrjährig, multifunktional“ greift diese Aspekte auf und entwickelt mit dem Konzept des Waldgartens einen multifunktionalen Lösungsansatz, der Synergien auf ein und derselben Fläche ermöglichen soll.
Welche Funktionen können Waldgärten in der Stadt erfüllen?
Ökologische Funktionen
Stadtnatur und biologische Vielfalt
Die meisten Waldgärten bestehen aus 100 bis 200 Pflanzenarten mit sehr unterschiedlichen Wuchsformen. Die so entstehende Vielfalt an räumlichen Strukturen bietet Lebensräume für zahlreiche Tierarten. Auch das große Spektrum an Obstbäumen und Sträuchern, …
Verbesserung der Klimafunktion
Waldgärten können einen positiven Beitrag zum Stadtklima leisten. Durch ihre mehrschichtige Vegetation wird einerseits der lokale Wasserrückhalt ermöglicht, andererseits aber auch die lokale Wasserverdunstung erhöht und so die Umgebung gekühlt.
Schutz der Bodenfunktionen
Nach anfänglichen Pflanzungen vorwiegend mehrjähriger Pflanzen, wie Bäumen, Sträuchern und mehrjährigem Gemüse, bleibt der junge Waldgarten größtenteils ungestört. Blätter und Äste werden als Mulchmaterial verwendet und mit der Zeit am Boden zersetzt.
Soziale Funktionen
Gemeinschaftlich Gärtnern
Da Waldgärten auf Langfristigkeit angelegt sind, setzt das Konzept auf die Entwicklung dauerhafter sozialer Strukturen und einer engen Einbindung der Stadtgesellschaft. Beim gemeinschaftlichen Gärtnern soll ein gemeinsamer Lernprozess …
Umweltbildung
Neben der Veranschaulichung ökologischer Prinzipien können „neue“ teils traditionelle, aber nicht mehr verbreitete Nahrungsmittel wie z.B. essbare Beerensträucher erschlossen und über Genuss und Sinneserleben bekannt gemacht werden.
Mehrschichtiger Nahrungsmittelanbau
Waldgärten haben durch ihre Mehrschichtigkeit ein hohes Produktionspotential, da der dreidimensionale Raum zum Gärtnern genutzt wird und mehrjährige Pflanzen langfristig ertragreiche Bestände entwickeln können.
Obwohl der städtische Anbau von Lebensmitteln im urbanen Waldgarten nur einen kleinen Beitrag zur Lebensmittelversorgung leisten kann, so können Waldgärten jedoch einen großen Beitrag zur Sensibilisierung der Stadtbewohner*innen für gesunde Ernährung leisten. Sei es durch das Kennenlernen von unbekannten heimischen und exotischen Obstsorten, den Erhalt alter Kulturpflanzen oder durch Erfahrungen, wie man den Aufbau und Erhalt der Bodenfruchtbarkeit bewirken kann.
Bundesweite Vernetzung
Neben den drei Modellprojekten in Berlin und Kassel wollen wir die Vernetzung von städtischen Waldgartenprojekten unterstützen und veranstalten einmal im Jahr einen bundesweiten Vernetzungsworkshop.
Der nächste Vernetzungsworkshop wird vom 18. – 20. Oktober 2024 stattfinden. Für mehr Informationen klicke hier!
Am 08. April 2022 fand der erste Vernetzungsworkshop in Berlin statt und es waren 12 Gärten dabei. Neben der Freude sich über die verschiedenen Erfahrungen und Herausforderungen auszutauschen wurden diverse Themen vertieft diskutiert und die Ergebnisse fließen in die entstehende Wissensplattform ein.
Der zweite Vernetzungsworkshop fand am 19. Oktober 2022 ganztägig in Kassel statt und bot einen tollen Raum zum Austausch von Erfahrungen für die 15 Teilnehmenden aus bestehenden oder in Gründung befindlichen Waldgärten aus Städten bundesweit.
Am Wochenende vom 13. – 15. Oktober 2023 fand der dritte Vernetzungsworkshop statt. Es kamen Vertreter*innen von 17 interessierte Wakdgarteninitiativen in Berlin zusammen. Ein Highlight war der Besuch des Modellprojektes in Britz.
Habt Ihr bereits einen Waldgarten oder seid dabei einen zu entwickeln oder zu gründen?
Dann tragen wir Euch gerne mit einem kurzen Projektsteckbrief hier auf der Karte ein. Schickt uns bei Interesse bitte eine E-Mail mit Euren Standortkoordinaten an: koordination@urbane-waldgaerten.de